Am Samstag, den 20. April 2024, eröffnete die Ausstellung »Zur Sache« von Vito Pace im Kunstverein Brackenheim. Die von mir kuratierte Werkschau versammelte Arbeiten aus diversen Werkserien des Künstlers, darunter neuste Arbeiten, die sich ortsspezifisch mit dem Brackenheimer Ausstellungsraum auseinandersetzen.
Das alle Werkgruppen und Schaffensperioden verbindende Element ist Paces Faible für das Modell. Der erste, skizzenhafte, plastische Entwurf einer Skulptur – im Italienischen bozzetto genannt – erfuhr eine in der Zeit der Renaissance einsetzende Aufwertung: Im 16. Jahrhundert wurde die vom Künstler geschaute Idee des Kunstwerks zum eigentlichen Kunstwerk nobilitiert, wodurch Zeichnung und Modell den Rang eines selbstständigen Werks erhielten. Ebendiesen Status haben die im Kunstverein ausgestellten Modelle Vito Paces inne, der an der Hochschule Pforzheim als Professor für Bildhauerei tätig ist.
So war in Brackenheim etwa das Miniaturmodell seines Betrachtungsapparats zu sehen. Dabei handelt es sich um ein Projekt, das Pace an verschiedenen Orten, unter anderem in Berlin, erprobt hat. Die Holzapparatur lässt einerseits an Albrecht Dürers Perspektivmaschine denken, andererseits an eine Camera obscura. Im großen Maßstab realisiert – nämlich in einer Länge von zwei Metern –, hat Vito Pace sie als Sehinstrument und Zeichenhilfe eingesetzt, um den Blick aus seinem Berliner Atelierfenster in Zeichnungen und Acrylbildern festzuhalten. Darüber hinaus unternahm der Künstler mit der Betrachtungsmaschine eine Exkursion zum Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park. Dort und auf dem Weg dorthin fertigte er mehrere Bilder. Auf diesen, so fällt auf, blendet Vito Pace die Präsenz seines Sehinstruments nicht aus, sondern bildet Teile des Holzkastens, gleichsam als rahmendes Element, mit ab. Die Wahrnehmung und ihre Ausschnitthaftigkeit, die vorgegebene Blickführung selbst werden so zum Thema seiner Zeichnungen und Leinwandbilder.
Vito Paces Werkinstallation lädt dazu ein, sich auf das Potential visueller Modelle einzulassen, Vorbilder, Abbilder und Nachbilder zu entdecken und Querverweisen zu folgen. Zugleich lässt Pace mit seinen Plastiken, Skulpturen und Bildern geistige Räume entstehen, die – manchmal durchaus verrätselt-myteriös oder mit privatmythologischen Zitaten aufgeladen – den Versuch unternehmen, »der großen Unordnung die eigene Ordnung gegenüberzusetzen« (Harald Szeemann).